Climate Action – Psychologie der Klimakrise

Unser Sammelband zu Handlungshemmnissen und Handlungsmöglichkeiten

Die Klimakrise spitzt sich zu, der Klimawandel wird immer stärker spürbar. Warum gelingt es vielfach trotzdem nicht, dringend notwendige Eindämmungsmaßnahmen einzuleiten und zu handeln? Die Autor:innen des Sammelbandes, der im Psychosozial-Verlag erschienen ist, beleuchten aus psychologischer und interdisziplinärer Sicht die Hindernisse, die einer angemessenen Auseinandersetzung mit der Krise im Wege stehen. Sie bieten Inspirationen für den Umgang mit den Herausforderungen des Klimawandels und stellen Grundideen für ein konstruktives und kollektives Handeln dar. Dabei denken sie individuelles Handeln auf gesellschaftlicher Ebene und zeigen, dass jede*r in der Klimakrise wirksam werden und dabei gesund bleiben kann.

 Bild: Jai Wanigesinghe

Einführung

Die meisten heute lebenden Menschen können gar nichts für das Ausmaß der Klimakrise. Doch es waren Menschen, die die Klimakrise verursacht haben. Massive Eingriffe in unsere Umwelt über viele Jahrzehnte und mehrere Generationen hinweg fallen uns nun gewaltig auf die Füße. Dies ist kein Alarmismus. Es ist die nüchterne Realität. Darüber müssen wir in diesem Buch eigentlich auch gar nichts mehr schreiben, denn es ist schon so viel dazu gesagt und geschrieben worden. Es ist überhaupt nicht mehr kontrovers, auch wenn manche immer noch glauben, sie könnten darüber verhandeln.

Wir wollen uns in diesem Buch deshalb lieber auf menschliches Handeln in Reaktion auf die Klimakrise konzentrieren. Denn hier gibt es offensichtlich noch einiges zu tun. In Teil 1 des Buches werden wir dafür zunächst auf Handlungshemmnisse blicken, also wie es dazu kommen konnte und weiterhin kommt, dass wir als Menschen die Klimakrise nicht eingedämmt oder gar gelöst haben, statt zu einem (leider noch) fiktiven Szenario, in dem jene sozialen Kipppunkte erreicht werden, mit denen es zu weltweiten, kooperativen, ausreichenden Anstrengungen zur Eindämmung der Klimakrise kommen kann.

Im Gegensatz zu vielen anderen Werken, die sich mit menschengemachten Problemen beschäftigen, ist es uns zu unserer eigenen Erleichterung gelungen, dass der Lösungsfokus deutlich mehr Raum einnimmt als die »Problemtrance«. Wir können zwar keine Blaupause dafür vorlegen, wie ein echtes nachhaltiges Szenario erreichbar wäre. Doch wir möchten mit Teil 2 den Blick weiten: auf Handlungsmöglichkeiten, die schon bestehen. Und zwar insbesondere solche, die uns als Individuen nicht fortlaufend überfordern. Dieser Handlungsschwerpunkt klingt schließlich mit weiteren Einblicken in die gelebte Handlungspraxis aus.

Unser Buch ist interdisziplinär, international und inklusiv gedacht. Und es ist ein Experiment. Denn es dehnt den Rahmen eines strengen Fachbuches ziemlich weit, weil es uns wichtig war, möglichst viele Leser:innen über verschiedene Zugänge, eine möglichst allgemeinverständliche Sprache und auch eine direktere Ansprache erreichen zu können. Wir hoffen, dass das Buch nun nicht gerade den psychischen Prozessen, die wir in Teil 1 beschreiben, zum Opfer fällt, sondern im Gegenteil noch mehr Menschen die Augen öffnet, dass es höchste Eisenbahn ist. Verstehen Sie Teil 2 vor allem als Quelle für konstruktive Hoffnung und Zuversicht, handlungsleitende Motivation, wahrgenommene Verhaltenskontrolle, Entschlossenheit und regenerierende Energie. Als Ideen- und Impulsgeber dafür, dass wir es doch noch mit vereinten Kräften ans rettende Ufer schaffen – für #ClimateAction!

Hinweis: Das komplette Editorial nebst Inhaltsverzeichnis zum Download gibt es hier als pdf.

Teil 1: Handlungshemmnisse

  • Über das Bewusstsein der Klimakrise. Analogien zur individuellen Berührbarkeit Ein wissenschaftlicher Briefwechsel mit Udo Boessmann zu der Frage, wie individuelles und kollektives Klimabewusstsein auch auf der emotionalen Ebene entstehen kann. von Lea Dohm
  • Zur zeitbedingten Abwehr der Klimakrise. Wie wir uns die Klimakrise bedeutungslos machen und wie der Zeitgeist uns dabei hilft Was steht unserem Problembewusstsein im Wege? Ein psychoanalytischer Beitrag zu intrapsychischen Abwehrmechanismen, Entfremdung und Beschleunigung. von Delaram Habibi-Kohlen
  • Hegemonie und Gewalt. Sozialökologische Transformation als Befreiung aus der Verstrickung Ein Familienmodell für unsere Gesellschaft: Ein gewalttätiger, machtvoller Vater und familiäre Verstrickungen mit dem Täter erschweren die notwendige Transformation. von Toni Raimond
  • Klimaschutz-Ausreden. Mit welchen Argumentationsmustern Klimaschutz verzögert wird Politische »Klimaschutz-Ausreden«, die den akuten Handlungsbedarf verdecken: Eine psychologische Impfung gegen weitere Blockaden und Verzögerungen. von Sebastian Levi, Finn Müller-Hansen, William F. Lamb, Giulio Mattioli, J. Timmons Roberts, Stuart Capstick, Felix Creutzig, Jan C. Minx, Trevor Culhane & Julia K. Steinberger
  • Die Evolution der Drachen der Untätigkeit. Aktuelle Erkenntnisse zur Lücke zwischen Wissen und Handeln Eine wissenschaftliche Betrachtung der von Robert Gifford eingeführten sieben problematischen »Drachenfamilien«, die unseren Weg zu einem klimafreundlichen Handeln erschweren. von Katharina van Bronswijk, Jan-Ole Komm & Ingo Zobel
  • Hitze, Extremwetter und Kognitive Dissonanz. Warum die kognitive Dissonanz in der Klimakrise allgegenwärtig ist und was das für die Klimakommunikation bedeutet Warum wir unser Unwohlsein nicht nur durch Verhaltensänderungen, sondern auch durch das Abschalten eines Radios erfolgreich beiseiteschieben können. von David Hiss
  • Die Medienwende in der Klimakrise. Zur Doppelrolle von Journalist:innen in der Bewusstwerdung des Ausmaßes der Krise Praktischer Journalismus trifft Psychologie: Mediale Berichterstattung als Ursache, Abbildung und zugleich Lösungsmöglichkeit für ein breites Problembewusstsein. von Lea Dohm & Sara Schurmann

Teil 2: Handlungsmöglichkeiten

  • Was müssen wir anders machen? Wie wir uns und unseren Kindern eine Zukunft gewinnen Bildung und Aufklärung und eine Ökoroutine auf allen Ebenen – Lösungsvorschläge für die Nachhaltigkeitskrise. Ein Beitrag in Zusammenarbeit mit den Scientists for Future. von Gregor Hagedorn & Felix Peter
  • Die Umkehr des Prometheus. Der rettende Weg zu einem inneren Umwelt-Apriori Eine neue Qualität der menschlichen Beziehung zur Umwelt als Schlüssel dafür, uns und kommenden Generationen eine gut verträgliche Welt zu bewahren. von Hans-Joachim Busch
  • Klimaschutz als kollektives Handeln. Die psychologische Forschung zur Rolle sozialer Identität Klimahandeln ist kollektiv! Eine wissenschaftliche Betrachtung von Gruppenzugehörigkeit als Antrieb für individuelles Handeln und Aktivismus. von Immo Fritsche, Markus Barth & Gerhard Reese
  • What do we want!? Identität, Moral und Wirksamkeit.  Eine sozialpsychologische Perspektive auf die Erfolgsfaktoren der jungen Klimabewegung Warum ist die junge Klimabewegung so erfolgreich und wie kann sie es bleiben? Ein Beitrag aus der Bewegungsforschung. von Julian Bleh
  • Kirchengemeinden als Klimaschutzakteurinnen. Die Unterstützung von kollektivem Pro-Umwelthandeln im kirchlichen Kontext Kirchengemeinden haben bereits heute kollektives Wirkpotenzial. Ein Blick auf konkrete Umsetzungsmöglichkeiten in der Gemeindearbeit. von Anne-Kristin Römpke
  • Werdet politischer! Die besondere Verantwortung von Psychologie, Psychotherapie und deren Berufsorganisationen in der Klimakrise Ein Beitrag und Appell zur berufsethischen Verpflichtung durch Fachexpertise – mit einer Darstellung der Rahmenbedingungen von Kammern und Berufsverbänden. von Katharina Simons, Mareike Schulze, Felix Peter, Karolin Heyne & Christin Schörk
  • Klimagerecht. Verantwortung und Handlungsspielräume in der Klimakrise Ein Beitrag aus der For-Future-Bewegung zur Rolle von Staaten, Wirtschaft, sozialen Kipppunkten und intersektionalen Ansätzen für eine klimagerechte Transformation. von Nisha Toussaint-Teachout, David J. Petersen & Maximilian Soos
  • Bewusstes Handeln besser verstehen. Die Theorie des geplanten Verhaltens im Kontext von Umwelt- und Klimaschutzverhalten Eine Konkretisierung der populären Theorie bewusster Verhaltensentscheidungen am Beispiel der Hürden einer klimafreundlichen Ernährungsumstellung. von Nicole Herzog
  • Was motiviert zu nachhaltigem Handeln? Perspektiven aus der umweltpsychologisch-transdisziplinären Praxis Wie aus umweltpsychologischer Perspektive die Umsetzung individueller nachhaltiger Verhaltensweisen erleichtert werden kann. von Katharina Beyerl
  • Psychologie des sozial-ökologischen Wandels. Eine offene virtuelle Vorlesung Ein Bildungsangebot der psychologischen Nachhaltigkeitsforschung für einen umfangreichen Wandel unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens. von Benedikt Seger, Marlis Wullenkord, Karen Hamann, Parissa Chokrai & Helen Landmann

Teil 3: Handlungspraxis

  • Politisiert euch! Oder: Nichts tun ist auch politisch! Ein Appell an Psycholog*innen und Psychotherapeut*innen von Mareike Schulze, Mitinitiatorin der Psychologists/Psychotherapists for Future
  • Nutzt und fördert die Möglichkeiten des Rechts! von Remo Klinger, Rechtsanwalt
  • Energiewende in Bürgerhand von Robert Goldbach, Elektrizitätswerke Schönau
  • Klimagerechtigkeit in Zeiten des Wandels der Wirtschaft von Helmut Born, Initiative »Gewerkschafter*innen für Klimaschutz«
  • Klimaaktivismus im ländlichen Raum Kay Rabe von Kühlewein, Fridays for Future
  • Ein Konzept für die Zukunft: Solidarische Landwirtschaft – die Ernte teilen! von Odette Lassonczyk & Markus Hener, Psycholog:innen
  • Wälder in der Klimakrise: Kann der Wald uns retten? von Sandra Hieke, Diplom-Forstwirtin, Kampaignerin Waldwende bei Greenpeace e.V.
  • Initiative Buirer für Buir – Wege zum Erfolg von Andreas Büttgen & Erhard Georg, Initiative Buirer für Buir
  • Das erste Stück der Veränderung Aram de Bruyn Ouboter, Greenpeace-Aktivist
  • Rechtspopulistischer »Klimaskepsis« radikal höflich entgegentreten von Tobias Gralke & Ebba Laing, Tadel verpflichtet! e.V.
  • Barrieren bewusst machen und abbauen von Katja Diehl, Zukunftsaktivistin »Neue Mobilität«
  • Are you ready to be brave? von Kaossara Sani, Soziologin, Klimagerechtigkeits- und Friedensaktivistin aus Togo

Über uns

  • Lea Dohm, Dipl.-Psych., ist tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapeutin für Erwachsene und Gruppen, niedergelassen in eigener Praxis in Stadthagen. Außerdem ist sie Fachjournalistin und Mitinitiatorin der Psychologists/Psychotherapists for Future (Psy4F).
  • Felix Peter, Dr., Dipl.-Psych., hat zu Gerechtigkeit und Sozialklima im pädagogischen Kontext geforscht. Er ist Mitglied des Presse-Teams von Psy4F sowie der Arbeitsgruppe »Psychologie & Klima« im Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP).
  • Katharina van Bronswijk ist als Psychologische Psychotherapeutin in der Lüneburger Heide niedergelassen und als Dozentin tätig. Seit April 2019 ist sie Sprecherin der Psy4F, publiziert und hält Vorträge zur Psychologie der Klimakrise.

Fakten zum Buch

Titel: „Climate Action – Psychologie der Klimakrise. Handlungshemmnisse und Handlungsmöglichkeiten.“
Herausgeber*innen: Lea Dohm, Felix Peter, Katharina van Bronswijk
Buchreihe: Forum Psychosozial
Verlag: Psychosozial-Verlag
417 Seiten, Broschur, 148 x 210 mm
Erschienen im August 2021, 1. Auflage
ISBN-13: 978-3-8379-3110-5, Bestell-Nr.: 3110
DOI: https://doi.org/10.30820/9783837978018
Mit Illustrationen von Jai Wanigesinghe